Ein Volksfeind

Landestheater Großes Haus

von Henrik Ibsen

Einführung / Kurzbeschreibung

von Henrik Ibsen

Was ist Wahrheit, was Lüge? Dieses Thema durchzieht das Lebenswerk von Henrik Ibsen. In „Ein Volksfeind“ analysiert der norwegische Dramatiker, wie eine Gesellschaft in der Krise mit der Wahrheit umgeht: Kurz vor der Eröffnung des neuen Thermalbades entdeckt der Kurarzt Dr. Stockmann krankheitserregende Keime im Heilwasser. Er informiert die Entscheidungsträger*innen der Stadt aus Politik und Medien. Alle sind sich einig: Die Menschen müssen die Wahrheit über das durch eine Fabrik verschmutzte Wasser erfahren. Doch kurz vor Drucklegung der Zeitungsausgabe mit dem Aufmacher über den Umweltskandal dreht die Stimmung. Als die Stadtvorsteherin den Bürgerinnen und Bürgern droht, dass bei Schließung der Therme mit wirtschaftlichem Schaden und ausbleibendem Tourismus zu rechnen ist, ziehen sich die Verantwortlichen zurück. Die Gesundheitsgefährdung durch das verschmutzte Wasser wird kleingeredet und vertuscht, und der Kurarzt als Störenfried entlassen. Stockmann jedoch verteidigt seine Expertise mit allen Mitteln...

Henrik Ibsens Drama aus dem Jahre 1882 stellt die Frage, wie wir in einer Welt, die im Sinne der Wachstumslogik regiert wird, mit der Wahrheit umgehen. Heute sind die drohenden Auswirkungen des Klimawandels bekannt, aber noch immer fehlt es am politischen Willen, um den verheerenden Folgen entgegenzuwirken. Welche Interessen blockieren die Gestaltung der Zukunft? Welche Werte halten unsere Gesellschaft zusammen? Die Regisseurin Anne Bader öffnet mit ihrer Inszenierung den gesellschaftspolitischen Resonanzraum des Stücks, um heutige Fragen zu unserem Verhältnis zu Klima, Natur und Nachhaltigkeit neu zu stellen.

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Recht auf Klimaschutz: Interview mit Politikwissenschaftler Alexander Behr

Gespräch mit dem Politikwissenschaftler und Buchautor („Globale Solidarität“) Alexander Behr über die Konflikte, die in „Ein Volksfeind“ verhandelt werden, und Ideen dazu, wie sich Demokratie und Nachhaltigkeit stärker befördern könnten. Am 19. Jänner ist Alexander Behr zu Gast bei Ilija Trojanow in DER UTOPISCHE RAUM

Weil die Mehrheit den Umweltskandal vertuschen will, stellt Dr. Stockmann auch die Demokratie in Frage. Wie kann Klimaschutz in einer gesunden Demokratie effizienter werden?

Ein großartiges Beispiel für das Zusammenspiel von gelebter Demokratie und Klimaschutz ist der österreichische Klimarat. Er zeigt, dass es für Forderungen in Richtung einer sozial-ökologischen Transformation breite Mehrheiten gibt. Der Klimarat setzte sich aus 100 repräsentativ ausgewählten Bürger*innen des Landes zusammen; die Ergebnisse wurden im Juli 2022 präsentiert. Die Empfehlungen des Rates sind nicht revolutionär, aber bei Weitem fortschrittlicher als die herrschende Politik: So empfiehlt der Rat dringend strengere Maßnahmen gegen Bodenversiegelung, eine Leerstandsabgabe bei Wohnraum, die Abschaffung der Förderung von fossilen Energien und ein Grundrecht auf Klimaschutz.

Die Wirtschaft ist gut darin ihre Interessen zu vertreten, wie können die „Interessenvertretungen“ der Natur gestärkt werden?

Radikale Demokratie besteht nicht in der wahllosen Ausweitung von scheinbaren Freiheiten, die in Wahrheit die Privilegien von wenigen sind. Es geht vielmehr um die gemeinsame Verantwortung, Privilegien zu beschränken, damit Freiheiten zum Wohle aller ausgeweitet werden können, und zwar innerhalb der ökologischen Grenzen des Planeten. Ein Stopp der sozial-ökologischen Raserei ist vonnöten. Wichtig für die Durchsetzung dieser Perspektiven sind die sozialen Basisbewegungen - aktuell vor allem die Klimagerechtigkeitsbewegung. Ihr muss es gelingen, die Kräfte zu bündeln und ihre Forderungen nach einer umfassenden sozial-ökologischen Transformation in bleibende Erfolge umzumünzen.

Warum sind soziale Gerechtigkeit und Klimaschutz kein Widerspruch?

Voraussetzung dafür, dass Menschen Alternativen zur imperialen Lebensweise im Alltag unmittelbar und niedrigschwellig umsetzen können, ist der Auf- und Ausbau einer sozial-ökologischen Infrastruktur, die für alle Menschen zugänglich ist und die sie in demokratischen Prozessen mitgestalten können. Eine sozial-ökologische Infrastruktur reicht von genossenschaftlich organisierter Energiegewinnung aus Solar- oder Windenergie über einen gut ausgebauten und günstig oder gratis zugänglichen öffentlichen Verkehr, gut gedämmte, leistbare und genossenschaftlich oder kommunal verwaltete Wohnungen, Bildungs- und Kultureinrichtungen bis hin zu einer guten Gesundheitsversorgung für alle. All das soll finanziert werden durch eine viel höhere Besteuerung von Vermögen, Erbschaften, Unternehmensgewinnen und Finanztransaktionen.

Pressestimmen

„Viel Applaus für diese absolut sehenswerte Inszenierung."

Kurier

„Ökologie gegen Wirtschaft, Wahrheit gegen Lüge, Medien im Würgegriff der Mächtigen - in Henrik Ibsens Drama ‚Ein Volksfeind‘ finden sich thematische Dauerbrenner zuhauf. Am Landestheater NÖ in St. Pölten hat eine stimmig verknappte Inszenierung von Anne Bader bei der Premiere am Freitagabend viel Beifall erhalten.“

„Man trifft sich im Dampfbad, die Kostüme sind aus hellen Woll- und Walkstoffen gefertigt, bei Bühne und Beleuchtung wird auf Nachhaltigkeit gesetzt. Da ist man in St. Pölten schon etwas weiter als im kleinbürgerlichen Kurort, wo das Stück handelt.“ 

„Bettina Kerl verkörpert die ‚Stadtvorsteherin‘ mit allen Nuancen politischer Impertinenz und zwingt den durch seine Aufdeckungen unbequemen Verwandten (Michael Scherff verleiht ihm sehr sympathische Züge) in die Knie. Vertuschung und postfaktische Strategien sind allgegenwärtig. Ergo: Auch Frauen können gehörig Unheil stiften, nicht nur alte weiße Männer.“

„Die restliche Familie spart Bader aus - mit Ausnahme von Stockmanns Tochter Petra (Laura Laufenberg), der eine zentrale Rolle zukommt. [...] Als opportunistische Zeitungsredakteure überzeugen Tim Breyvogel und Tobias Artner, Tilman Rose gibt den bürgerlichen Mann der Mitte mit tückischem Lächeln: Wendehälse, die nur auf den ökonomischen Vorteil bedacht sind ohne Rücksicht auf Risiken, vorgeblich im Interesse der Mehrheit - einer manipulierten und/oder unwissenden Mehrheit. Just zwei Tage vor der niederösterreichischen Landtagswahl könnte man in diesem Stück durchaus eine starke Ansage mit einigen Interpretationsoptionen sehen.“ 

VOL.AT

„Henrik Ibsens ‚Ein Volksfeind‘ wird gerne als Warnung vor totalitären Diskursen und gelenkter Willensbildung bemüht. In St. Pölten erzählt Regisseurin Anna Bader das Drama um Wahrheit und alternative Fakten als Geschichte österreichischer ‚Verhaberung‘.“ 

„Am Leinwand-Idyll spiegeln sich schneebedeckte Berge und ein kalt-blauer Himmel im wild von Gräsern umrankten See. Und aus der Bühnenvertiefung, in der sie wellnessen, quillt anmutig Nebel. Sie, das sind der Redakteur Hovstad, der Mitarbeiter Billing und die Stadtvorsteherin. Denn in Anne Baders Inszenierung von Henrik Ibsens "Ein Volksfeind" ist der Stadtvogt mit der Schauspielerin Bettina Kerl besetzt. Aktueller könnte das Anfangsbild kaum sein: Am Sonntag wird in Niederösterreich gewählt.“ 

„Schwesterlein Stadtvorsteherin und Brüderlein Doktor stehen sich, wellness-weiß gekleidet wie alle, völlig ungleich gegenüber. Wo Bettina Kerl geraden Rückens Message Control praktiziert und bei Nicht-Parieren ihres Gegenübers schnell das eigene Aggressionspotential betont, weist Michael Scherff den Doktor Stockmann geschäftig vor sich hinlächelnd als einen in allen Lebenslagen Überforderten aus.“ 

„Von den vielen Figuren Ibsens sind in Baders durch musikalisch unterlegte Blacks rhythmisierter Inszenierung insgesamt sechs miteinander im Spiel. Indem Tilman Rose den für Mäßigung und Mittelweg eintretenden Aslaksen, Vorsitzender des Vereins der Hausbesitzer, groß als eitlen Spießbürger mit patriotischem Hand-aufs-Herz-Tick überzeichnet, wird die Figur zum verlässlichen Comic-Relief-Faktor. Und Petra, Stockmanns Tochter, die Laura Laufenberg zwischen launenhaftem Protest und unbedingter Überzeugung hin und her schwanken lässt, steht für das Engagement einer jungen Generation: ‚Man hat immer eine Wahl‘.“ 

„Am Ende wird sie den Vater zu einer Schütt-Aktion motivieren. Schüttaktion gegen das Berge-Himmel-See-Idyll. Das jedoch davor schon mit einem plötzlichen Lichtwechsel wirkungsvoll als bloßes Shutterstock-Bild enttarnt worden war. Franziska Bornkamms Bühne erzählt pointiert: Die unberührte Natur ist berührt.“ 

nachtkritik.de

„Anne Bader inszeniert Henrik Ibsens Stück als verdichtetes brandaktuelles Sittenbild einer Gesellschaft, in der die Mehrheit vor allem an sich selbst denkt. Moral und Anstand haben da ebenso keine Chance wie die Wahrheit.“ 

Kultur Niederösterreich

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