Archiv: Kabale und Liebe

Landestheater Großes Haus

von Friedrich Schiller

Einführung / Kurzbeschreibung

von Friedrich Schiller

Bei Schiller ist die große Liebe von einem Tag auf den ande­ren keine Angelegenheit der Herzen mehr, sondern ein spannungsgeladenes Politikum. Ferdinand liebt Luise und Luise liebt Ferdinand. Aber die beiden Liebenden trennt ihre soziale Herkunft. Ferdinand entstammt dem Adel, Luise kommt aus dem Bürgertum. Eine Verbindung über Standes­grenzen hinweg kommt weder für Luises Eltern noch für Ferdinands Vater, Präsident von Walter, infrage. Im Gegen­teil: Um seinen Einfluss bei Hofe zu vergrößern, will der Prä­sident seinen Sohn mit Lady Milford, der Mätresse des Her­zogs, verheiraten. Ferdinand lehnt sich jedoch gegen seinen Vater auf. Je mehr sich die gesellschaftlichen Instanzen gegen die Liebe der beiden stemmen, umso mehr fühlen sich Ferdinand und Luise verbunden. Schließlich werden die beiden Liebenden Opfer einer Intrige des Präsidenten und seines Sekretärs Wurm. Angesichts der Willkür des Es­tablishments und einer unversöhnlichen Elterngeneration setzen sie ein fatales Zeichen ...

Wir freuen uns sehr, den vielfach ausgezeichneten Schauspieler Andreas Patton, bekannt aus Theater, Film und Fernsehen, als Gast dabei zu haben. Er wird die Rolle des „Miller“ übernehmen.

Mit 23 Jahren verfasste Schiller sein bürgerliches Trauerspiel als jugendliche Kampfansage gegen die Vätergeneration und die herrschende Ständegesellschaft. Wie in allen Epochen, die von großen Veränderungen geprägt sind, schreibt auch heute wieder die junge Generation kompromisslos ihre Forderung nach einer besseren Welt auf ihre Fahnen.

Hintergründe

Anlässlich des 200-Jahr-Jubiläums des Landestheaters Niederösterreich kommt mit Friedrich Schillers „Kabale und Liebe“ ein großer Theaterklassiker auf die Bühne. Im Jahre 1820, dem Gründungsjahr des St. Pöltner Theaters, stand das Stück bereits auf dem Spielplan. Bis heute hat es nichts an gesellschaftlicher und politischer Relevanz eingebüßt.

Blättert man durch die Chroniken des St. Pöltener Theaters, stößt man auf folgende Zeilen: „Der erste Theaterunternehmer, der in St. Pölten als Pächter auftrat, war Leopold Hoch. Rechnungen belegen, dass er vom 26. November 1820 bis 12. April 1821 Vorstellungen gab, [...] Sein Spielplan umfasste neben heute teilweise verschollenen Stücken auch Klassiker, wie [...] „Kabale und Liebe“ und „Die Verschwörung des Fiesko“ von Schiller.“ Der Plan zu „Kabale und Liebe“ entstand im Juli 1782.
Zu dieser Zeit saß Schiller im Arrest in Stuttgart, weil er mehrfach ohne offizielle Erlaubnis von seinem Regiment zu Aufführungen seines ersten Stückes „Die Räuber“ nach Mannheim reiste. Im Gefängnis keimte der Gedanke, aus Stuttgart und somit aus der „Leibeigenschaft“ des Herzogs Carl Eugen zu fliehen. Die Situation wurde für Schiller unerträglich, Intrigen, Lügen und Willkürherrschaft prägten das Klima am württembergischen Hof. Der Herzog drohte mit Festungshaft und Schreibverbot.
„Kabale und Liebe“, entstanden in der Hochphase der „Sturm und Drang“-Zeit, schrieb der freiheitsbegeisterte Autor mit nur 24 Jahren. „Durchreißen will ich alle diese eisernen Ketten des Vorurteils – Frei wie ein Mann will ich wählen“, lässt Schiller seinen Ferdinand skandieren. In seiner neuen Arbeit wollte er sich Luft machen und seinem Zorn gegen Standesvorurteile und gegen die erdrückende Gewalt des Adels Ausdruck verleihen. Wie im „Bürgerlichen Trauerspiel“ – nach dem Vorbild von Lessings „Emilia Galotti“ – nannte Schiller sein Stück ursprünglich „Luise Millerin“ und machte ein bürgerliches Mädchen zur Hauptfigur: Der adelige Ferdinand und die bürgerliche Luise lieben einander, doch eine Verbindung über Standesgrenzen hinweg kommt für ihre Eltern von beiden Seiten nicht in Frage. Die Tragödie nimmt ihren Lauf: die beiden Liebenden werden Opfer einer Intrige bei Hof.
Bei Schiller bekommt das Bürgertum auf dem Theater eine Stimme: Welches Stück wäre also besser geeignet als „Kabale und Liebe“, um ein vom Bürgertum gegründetes Theater für alle gesellschaftlichen Schichten zu positionieren? Vor genau 200 Jahren setzten die Bürger und Bürgerinnen von St. Pölten ihren Wunsch nach einem eigenen Theater in die Tat um. Sie gründeten eine Aktiengesellschaft und finanzierten durch den Verkauf der Anteileden Bau des Theatergebäudes, das an der Stelle eines alten Garnisonsgefängnisses errichtet wurde. Sie setzten damit eine Emanzipationsbewegung fort, indem sie sich eine Präsentations- und Identifikationsplattform schufen. Unabhängig von Stand und Geburtsrecht konnte sich jede*r am Traum eines ständigen Theaters in St. Pölten beteiligen.
Heute sind die soziale Ungleichheit und die Frage nach der Freiheit des Individuums aufgrund von Globalisierung und verstärkt durch die Corona-Krise wieder aktuelle Themen. Schillers Tragödie um das junge Liebespaar ist in der Inszenierung von Alexander Charim nicht nur eine Angelegenheit der Herzen mehr, sondern auch ein spannungsgeladenes Politikum.

Pressestimmen

SALZBURGER NACHRICHTEN 29. Mai 2021

"Als erfreulich unverstaubter Klassiker war Friedrich Schillers bürgerliches Trauerspiel "Kabale und Liebe" am Freitagabend am Landestheater NÖ in St. Pölten zu sehen. Alexander Charims kluge Inszenierung, in der private Problematik effektvoll auf politische Infamie trifft, liefert einen fast zweistündigen spannenden Abend."

"Emilia Rupperti ist eine starke Luise, Tobias Artner ein sehr subtiler Ferdinand, Tim Breyvogel ein ideal schleimiger Wurm, Bettina Kerl eine anrührende Lady Milford, Tilman Rose gibt einen unsensiblen Präsidenten, Philip Leonhard Kelz einen jovialen Hofmarschall. Ein ausgezeichnetes Ensemble!"

"Im Jahre 1820, dem Gründungsjahr des St. Pöltner Theaters, stand das Stück bereits auf dem Spielplan. Über zwei Jahrhunderte später stellt es nun seine Sprengkraft abermals unter Beweis: als anschauliches Lehrstück über die "selbstzerstörerische Kraft der Freiheit" (Charim) und - im Sinne Adornos - über die Unmöglichkeit des richtigen Lebens im falschen. Jedenfalls die richtige Stückwahl zur richtigen Zeit."

DIE PRESSE 31. Mai 2021

"Alexander Charim hat "Kabale und Liebe" einfühlsam und stimmig inszeniert."

"Emilia Rupperti ist eine zauberhafte, emanzipierte Luise, die ahnt, was ihr blüht."

"Die Millers sind keine schlichte Musikerfamilie, sie komponieren, schaffen sich die Instrumente selbst, mit denen sie den neuen Ton des aufstrebenden Bürgertums anstimmen. Insgesamt: Sehenswert."

MOSTVIERTELMAGAZIN 31. Mai 2021

"Regisseur Alexander Charim weiß, was Theaterzuseher, vor allem junge, wünschen (obwohl diese meist bei einer Premiere leider fehlen): mitreißendes Theater für Hirn und Herz, Theater, das mit dem eigenen Leben und der Jetztzeit zu tun hat."

"Alexander Charim und Dramaturg Ludwig zur Hörst haben auf etwas über eineinhalb Stunden Spielzeit  gekürzt, und geben dem Drama den zeitgemäßen, aber nicht zeitgeistigen Kick. Starke Auftritte des siebenköpfigen Ensembles mit Tilman Rose, Tobias Artner, Philip Leonhard Kelz, Bettina Kerl, Tim Breyvogel, Andreas Patton und Emilia Rupperti. Sie haben es geschafft, den alten Text mit großer Selbstverständlichkeit in ein durchwegs modernes Konzept einzupassen."

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