Foto: Alexi Pelekanos
Verena Doublier und Sebastian Radon von „Wiener Blond“ im Gespräch
Wie war eure erste Begegnung mit Helmut Qualtinger?
Verena: Meine ersten Begegnungen mit Qualtinger waren musikalischer Natur. Meine Mutter hat in meiner Kindheit sehr häufig „Der Papa wird’s scho richten“ und den „Bundesbahn Blues“ vor sich hin geträllert.
Sebastian: Das erste Aufmerksamwerden fand wohl durch den im Geschichtsunterricht gesehenen „Herrn Karl“ statt. Auch die Interpretationen der Bronner-Songs waren mir ein Begriff. Aktiv zu interessieren begann mich die Person Qualtinger aber erst mit zirka 19 Jahren. Ich sollte über meine damalige Musikschule beim 80. Geburtstag des Komponisten Ernst Kölz den von ihm vertonten und mit Qualtinger aufgenommenen H. C. Artmann-Texts „wos an weana olas en s gmiad ged“ interpretieren. Im Zuge des Einstudierens und der Recherche hat mich die Gabe Qualtingers, diverse Grauslichkeiten und Abgründe Wiens zu besingen, nachhaltig beeindruckt.
Hat euch Helmut Qualtinger auch künstlerisch geprägt?
Sebastian: Man hat ihn natürlich im Ohr, wenn man im Dialekt textet. Auch wenn der Einfluss ganz unbewusst passiert.
Was ist das Besondere am Wiener Schmäh, der ja auch eure Lieder auszeichnet?
Sebastian: Vielleicht ist die Besonderheit, garstige Dinge sagen zu können – ohne, dass einem das gleich übel genommen wird. Ich denke aber, dass sich das schon verändert. Das mit dem Schmäh. Es wird nicht mehr so viel „einedraht“, weil alle immer gleich das Smartphone rausholen, um zu googlen, ob das stimmt, was man sagt.
Wie verbinden sich Leichtigkeit und Abgründigkeit in seinem Humor?
Verena: Da passiert sehr viel über die Sprache – der Wiener Dialekt ist eine sehr musikalische Angelegenheit. Dieser Umstand spielt auch einer gewissen Ambiguität in die Karten: Ebenso wie man die Silben und Wörter im Wienerischen dehnen, stauchen und verdrehen kann, so kann man auch die Aussagen und Eigenschaften seiner Charaktere unterschiedlich auslegen. Da verschwimmen die Grenzen zwischen „WIR und die ANDEREN“ oder „GUT und BÖSE“. Dieser Umstand ist ihm dann auch ein wenig zum Verhängnis geworden. Es heißt ja, Helmut Qualtinger wurde „zu Tode geliebt“, weil die Leute nicht hören wollten, WAS er sagte, sondern nur WIE er es sagte.
Wo liegt für euch die Aktualität in den Texten von Helmut Qualtinger?
Sebastian: Wenn man sich z.B. „Der Herr Karl“ anschaut, kommen allein darin schon die Themen Opportunismus, Sexismus, Geld, Arbeit, Voyeurismus etc. vor. Das sind Begriffe, die ihre Aktualität im Jahr 2019 noch nicht verloren haben.
Verena: Ja – das alles sind längst überwunden geglaubte gesellschaftliche Phänomene, die nach wie vor herumgeistern, wenn auch in einer zeitgenössisch angepassten Form. Es heißt ja: Totgeglaubte leben länger. Es ist also wieder an der Zeit, die Dinge beim Namen zu nennen.
Ihr seid das erste Mal als Musiker bei einem Theaterstück dabei. Eine gute Erfahrung?
Sebastian: Ich war schon bei einigen Theaterproduktionen – auch musikalisch – involviert. Der Auftrag, mit „Wiener Blond“ für die Musik bei einem Theaterstück zu sorgen, war aber ein langgehegter Wunsch, der nun in Erfüllung geht.