Seit über 400 Jahren schon beschäftigt die Theater und ihr Publikum William Shakespeares Geschichte über die aus zwei verfeindeten Familien stammenden Liebenden Romeo Montague und Julia Capulet und ihrer gegen alle gesellschaftlichen Konventionen aufbegehrenden Liebe.
Jung gegen Alt, Tradition gegen Rebellion und das brennende Verlangen nach Freiheit und Selbstbestimmung sind die zentralen Themen des Stücks, die auch Jahrhunderte nach seiner Entstehung stets aufs Neue berühren.
Auch der Regisseur Sebastian Schug findet in „Romeo und Julia“ immer wieder eine überraschende Aktualität und ungewohnte Perspektiven: einige Gründe, wieso er die vielleicht größte Liebesgeschichte der Weltliteratur gleich zum zweiten Mal in seiner Regiekarriere inszeniert. Dramaturg Kai Krösche stellte ihm drei Fragen zum Stück.
"Romeo und Julia" gilt als eine der größten Liebesgeschichten der Weltliteratur. Welcher Aspekt des Stücks hat Sie am intensivsten beschäftigt?
Sebastian Schug: Das kann ich so gar nicht sagen. Jedem Stück von Shakespeare wohnt ja immer ein Kosmos voller Möglichkeiten und Geheimnisse inne. "Romeo und Julia" übt einfach einen Sog auf mich aus. Dem habe ich mich hingegeben. Also: Vielleicht der Aspekt der soghaften Hingabe?
Die beiden Titelhelden befinden sich in Shakespeares Textvorlage in ihren Teenagerjahren. Ist die ungestüme und selbstvergessene Liebe ein reines Pubertätsding?
Sebastian Schug: Nein. Eine Teenagerliebe kann bahnbrechend sein, aber auch in jedem anderen Alter kann durch die Liebe eine Welt explodieren. Man glaubt das nur immer nicht. Bis es einem dann passiert. Bei uns sind die Darsteller der Liebenden rein biologisch keine Teenager mehr. Aber das folgt keiner Ideologie. Herrje – bei Shakespeare wurde Julia von einem Jungen gespielt. Ich wollte Schauspieler, die das Seelenleben dieser Menschen verkörpern können. Bei Shakespeare sind so kleinliche naturalistische Realismen im Endeffekt egal. Seine Sprache kann alles verwandeln. Zumindest ist das ein Versprechen ... mal sehen, ob wir es einlösen können.
Sie inszenieren bereits zum zweiten Mal in ihrer Regielaufbahn "Romeo und Julia" – das erste Mal vor 10 Jahren in Kassel. Verändert sich der Blick auf das Stück mit der Zeit?
Sebastian Schug: Klar, denn ich habe mich verändert. Als Regisseur und Mensch. Aber viel interessanter ist, dass sich Shakespeares Stücke unentwegt verändern. Sie sind Quecksilber. Sie stellen nicht fest, sondern bewegen sich. Also, wie Heraklit sagt: „Wir steigen in denselben Fluss und doch nicht in denselben, wir sind es und wir sind es nicht.“