Es sind die Heimatlosen und Versprengten des Ersten Weltkrieges, die in Joseph Roths Romanen im Mittelpunkt stehen. „Die Flucht ohne Ende“ erzählt von der abenteuerlichen Odyssee des ehemaligen österreichischen Oberstleutnants Franz Tunda quer durch Europa. Tunda war in russische Kriegsgefangenschaft geraten und konnte fliehen. Doch nach dem verlustreichen Ende des Krieges ist sein Traum von einer beruflichen Karriere und der Heirat mit der Fabrikantentochter Irene zerstört. „Jetzt aber war Franz Tunda ein junger Mann ohne Namen, ohne Bedeutung, ohne Rang, ohne Titel, ohne Geld und ohne Beruf, heimatlos und rechtlos.“ Auf dem Weg nach Wien wird er von einer bolschewistischen Truppe überfallen, er schließt sich den Revolutionären an und verliebt sich in die Anführerin Natascha. Auf Propagandareise im Kaukasus lernt er die stille Alja kennen und heiratet sie. Jahre später begegnet er in Moskau einer Pariserin, die die Hoffnung, auf ein anderes Leben in ihm erweckt. Eines Frühlingstages kehrt er nach Wien zurück. Doch hier ist er längst ein Fremder …
Der große österreichische Schriftsteller und Journalist Joseph Roth erzählt in seinem 1927 entstandenen Roman „Die Flucht ohne Ende“ vom Untergang des Vielvölkerstaates der Habsburgermonarchie und zeichnet dabei das Bild eines zerklüfteten Europas. Einige Parallelen zum Leben von Joseph Roth, allen voran die die ostjüdische Herkunft und die Heimatlosigkeit nach Kriegsende, kennzeichnen den Roman, den Joseph Roth aus der Perspektive eines Erzähler namens Joseph Roth schreibt. Seine Geschichte eines Mannes, der keinen Halt mehr findet, weder im Osten noch im Westen, und sich am Ende so überflüssig fühlt, „wie niemand in der Welt“, bringt der junge Regisseur und Nestroy-Preisträger Felix Hafner auf die Bühne.
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PRESSESTIMMEN
" ... wenn ein sehr talentierter Regisseur wie Felix Hafner am Werk ist. Denn Hafner gelingt die sprichwörtliche Quadratur des Kreises: Ein eine kompakte, klare Umsetzung, bei der man trotz aller Kürzungen nichts Wesentliches vermisst. Es ist der große Verdienst Hafners und seiner vier exzellenten Darsteller, dass all dies anhand weniger Requisiten erfahrbar wird. Vor allem aber: Hafner lamentiert nicht über den Untergang der Habsburgermonarchie; er holt diese Flucht, dieses Entwurzelt-Sein in die Gegenwart, ins heutige Europa. Joseph Roth eignet sich dafür bekanntlich bestens. Gutes Theater, das zum (Nach-)Lesen verführt." KURIER
"Regisseur Felix Hafner hat den Roman für das Landestheater Niederösterreich als Grundlage eines Theaterstücks genommen. Er hat sowohl den Titel als auch die faszinierende Sprache von Joseph Roth unangetastet gelassen. Damit bleibt für den Zuschauer der wohltuende Eindruck, dass trotz der Kürze nichts von dieser langen Reise verloren gegangen ist, zumindest nicht das Wesentliche." Kultur und Wein
"Dass er auch ein Meister der kleinen Form ist, heißt: im intimen Spielraum mit bewusst sparsamen Mitteln, beweist Regisseur Felix Hafner am Landestheater Niederösterreich. Dass auch feiner Humor Hafners Sache ist, zeigt die Szene mit Tundas Bruder Georg und dessen Frau Klara. Zu ihnen gelangt Tunda schließlich – und Josephine Bloéb und Stanislaus Dick gestalten in partnerschaftlichem Weinrot zwei Prototypen kleinbürgerlicher, kulturbeflissener Existenz. Dass Tunda da mit seinen „bolschewikischen“ Ideen anecken muss, ist klar. Das geht bis ihm die Hutschnur reißt. Ein großartiger Eklat, so großartig wie der ganze Abend." Mottingers-Meinung.at
"Bei Felix Hafner ist die Figur des Erzählers Roth dreifach aufgesplittet auf Josephine Bloéb, Stanislaus Dick und Michael Scherff, die in Mehrfachrollen auch alle anderen auftretenden Figuren spielen. Der Regie-Nachwuchs-Nestroypreisträger 2017 hat eine flotte Theater-Fassung erstellt, die in eineinhalb Stunden von Russland, nach Österreich, Deutschland und Paris galoppiert, Länder die Franz Tunda auf seiner Suche nach Zugehörigkeit durchstreift. Das funktioniert über weite Strecken gut. Läuterung erfährt der Protagonist keine mehr und das ist gut so, denn Joseph Roths Text als Kleinod der Erinnerungskultur zum Zerfall des Habsburgerreichs und dem Ende des Ersten Weltkriegs braucht keine Beschönigung." nachtkritik.de
"„Die Flucht ohne Ende“ hätte voller mitleidserregender Momente sein können, die das große Wort im Titel als Tränendrüse sozialer Verantwortung missbrauchen. Das Verantwortungsvolle (und Schöne) an dieser Inszenierung ist, dass sie genau dies nicht tut. Keine Tränendrüse, kein Mitleid. Anstelle dessen fällt der Protagonist aus einem Kasten und zeigt, wofür sich Hafner entschieden hat: Das Ausstellen einer Form weißer, zentraleuropäischer, gebildeter, bürgerlicher Männlichkeit, die in der neuen Welt nichts mehr mit sich anzufangen weiß.Fazit: Es gibt nur wenige Spieltermine und „Die Flucht ohne Ende“ ist die Reise nach St. Pölten wert. Schlicht und mit großem Spaß am Spiel erzählt Felix Hafner mit seinen Schauspieler_innen vom europäischen Schmerz, den eine_r hat, der_die stehenbleibt – für eine Sekunde – und sich überlegt, was das ist: Europa." CALLISTI