Wie wollen wir leben? Krisen und Kriege, die Brutalität des globalen Kapitalismus und die Ausbeutung unserer Ressourcen prägen unsere Zeit. Mit einzelnen Reformen ist es nicht getan. Wir müssen die Zukunft neu denken und grundlegende Veränderungen ins Werk setzen, um den Problemen der Gegenwart beizukommen. Dass wir dafür Visionen und Modelle brauchen, die außerhalb unseres Erfahrungshorizonts liegen, davon erzählt Thomas Morus in seinem wegweisenden Roman „Utopia“. Ein Seefahrer entdeckt in weiter Ferne die Insel Utopia und findet dort eine ideale Gesellschaft verwirklicht. Detailreich, bisweilen humoristisch und geradezu prophetisch schilderte Thomas Morus vor 500 Jahren eine Welt der Zukunft, die aus der Perspektive der Entstehungszeit völlig unrealistisch wirkte, aber in vieler Hinsicht unserer heutigen Demokratie erstaunlich nahe kommt.
Das Wiener Theaterkollektiv YZMA nimmt den Roman von Thomas Morus zum Ausgangspunkt für eine Entdeckungsreise zu neuen, heutigen Utopien. Denn es gibt Menschen, die den profitorientierten Grundsätzen erfolgreich entgegenarbeiten und nachhaltige Ideen verwirklichen. Menschen, die in privaten, sozialen oder bildungspolitischen Lebensbereichen neue Wege gehen. Es gibt Orte, an denen utopisches Gedankengut auf fruchtbaren Boden gefallen ist und bereits Wurzeln geschlagen hat. Und es gibt sie in Niederösterreich. Beispielsweise nachhaltige Betriebe, alternative Bildungseinrichtungen oder andere visionäre Unternehmungen. Auf der Basis von Videointerviews und dokumentarischem Material vermessen die PerformerInnen unser Bundesland für eine Landkarte der Utopien und hinterlassen dabei ihrerseits Spuren aus der Zukunft.
Trailer - Utopia
Pressestimmen
Kultur und Wein ... Dem Ensemble, bestehend aus Zeynep Bozbay, Tim Breyvogel, Florian Haslinger und Johanna Wolff, gebührt grenzenlose Bewunderung. Der Text ist ein brutales Stakkato und nahezu unmerkbar. Trotzdem schaffen es die vier jungen Leute, die frei herumschwirrenden Gedanken zu ordnen und zu einem Theaterabend zu verbinden. Regie führt Milena Michalek, die Utopia auf zwei Projektionsflächen beginnen lässt und diese neben den Videos als beweglichen Bühnenaufbau nutzt, um die Darsteller munter herumkraxeln zu lassen. Im Grunde haben sie für sich ein Art Utopia des Theaters erfunden, dem man den Spaß anmerkt, den die Beteiligten daran haben, ungeachtet der Meinung des Publikums, das bei der Premiere durchaus von dieser Interpretation einer Suche nach Utopia angetan war.
NÖN Im Schnellsprech zappen die vier Gestalten durch die Welt, zeigen ein irritierendes Bild der „Global Reality“. Zwischendurch poppen Filme auf von gelebten oder versuchten „Utopien“: vom Kloster Heiligenkreuz, vom Gemeinschaftswohnen „Pomali“, von Wirtschaftspionier Heini Staudinger, vom Atomkraftwerk Zwentendorf. Mit Ironie und Wortwitz stellt das Theaterkollektiv YZMA im St. Pöltner Landestheater Fragen zu den Widersprüchlichkeiten des Lebens, die im Wesentlichen dieselben waren wie im 15. Jahrhundert: „Wie will ich leben? Was ist meine Aufgabe?“ Angelehnt an Thomas Morus` Roman ist ein wortgewaltiges und bedrohliches Theatererlebnis entstanden, das mit effektvoller Performance zur Auseinandersetzung mit dem eigenen „Utopia“ anregt. Fazit: Beeindruckend intensiver Abend in der Theaterwerkstatt mit positiven Nachwirkungen.
Petra Paterno, Wiener Zeitung ... Ausgehend von Thomas Morus philosophischem Roman "Utopia" (1516), entwickelt das Theaterkollektiv Wunschbilder für eine bessere Welt. In Fantasiekostümen, stark geschminkt und mit wild toupierten Haaren zeigen Zeynep Bozbay, Tim Breyvogel, Florian Haslinger und Johanna Wolff spielfreudig Szenen aus Morus’ Klassiker, die auf der fingierten Insel Utopia spielen. Unterbrochen werden die Episoden von gefilmten Dokumentarszenen. Die Theatermacher befragten dabei Menschen, die in gewisser Weise Utopien leben, darunter Frater Isaak vom Stift Heiligenkreuz, Johann Feilacher, Leiter der Galerie Gugging. und Heinrich Staudinger, Gründer der Firma Gea.
Die 90-minütige Aufführung changiert gekonnt zwischen Fiktion, Recherche und Improvisation. "Utopia liegt oft direkt vor unseren Füßen", schrieb einst Ludwig Tieck. "Aber wir sehen mit unseren Teleskopen darüber hinweg." Theater für Scharfseher.
Martin Pesl, Falter Das freie Wiener Theaterkollektiv YZMA arbeitet mit Improvisation und philosophischen Grundlagentexten. Ein solcher ist Thomas Morus`Roman „Utopia“ (1616), der eine ideale Gesellschaft friedlichen Zusammenlebens entwirft. Die Produktion ist YZMAs erste Auftragsarbeit des Landestheaters Niederösterreich, das damit das Wagnis eingeht, eine freie Gruppe in die eigenen festen Strukturen zu integrieren. Der Clash der Kulturen geht auf, die Ensemblemitglieder Zeynep Bozbay und Tim Breyvogel bilden mit Florian Haslinger und Johanna Wolff aus dem YZMA-Kollektiv ein perfektes Team. Ihre Suche nach der Utopie, basierend auf spontan entstandenen Texten, sieht so aus: Drei eifrige Jungdetektive mit graumelierten Frisuren und im bunten Steampunk-Look jagen eine ausgeliehene DVD über „Utopia“ und versuchen sich gemeinsam mit einer Art Morus-Reinkarnation (Breyvogel) an Basisdemokratie. Die Unternehmung, das zeigt die verzweifelte Energie des Abends, ist ebenso zum Scheitern verurteilt wie manche Initiativen in Niederösterreich mit utopischem Anspruch. Unter anderem im Stift Heiligenkreuz und einer kommunenartigen Wohngemeinschaft hat YZMA Interviews mit den Veranwortlichen geführt, die auf den in die Aufführung eingebauten Videos eher fanatisch wirken. Es sind eben keine guten Zeiten für die Zukunft, erst filt es, der Gegenwart beizukommen. So bleibt Regisseurin Milena Michalek abschließend nur, Zenyep Bozbay aus Meryl Streeps Anti-Trump-Preisrede zitieren zu lassen. Ein ernüchternd unterhaltsamer Abend.